Waldsterben und Jagd

Waldsterben und Jagd

Aktuell ist das Waldsterben 2.0, vor allem bei der Fichte in aller Munde. Welche Auswirkungen die Probleme des Waldes auf die Jagd haben werden und welche Leistungen die Jagd hierbei für die Gesellschaft erbringen kann, wollen wir Ihnen in ein paar Gedanken zu dem Thema vorstellen.

Aktuelle Probleme

Im Vergleich zu dem Waldsterben der 80er Jahre ist das aktuell vorliegende Geschehen von einer viel größeren Dimension und lässt sich sicher nicht so „einfach“ lösen wie in vergangenen Zeiten. Hauptursache für den aktuellen Stress unserer Waldbäume ist der Klimawandel, der mit steigender Intensität auch auf unsere Wälder einwirkt. Die Zunahme der länger werdenden, heißen Trockenphasen in Kombination mit Sturmereignissen gefährden immer mehr unsere bestehenden Altholzbestände. Es bedarf eines großflächigen Waldumbaus zu einem zukunftsfähigem, dem veränderten Klima angepassten Wald.

Trockenheit, Schädlingsbefall, Stürme, Brände – düstere Zukunftsaussichten für unsere Wälder

Monokulturen mit Fichte bringen Nachteile

Die häufig vorherrschenden Monokulturen aus Fichte und Kiefer sind auf Dauer nicht mehr überlebensfähig und Mischwälder aus einem vielfältigen Potpourri von Baumarten müssen die Zukunft sein. Leider ist so ein Umbau nicht innerhalb von wenigen Jahren zu leisten und wird uns sicher die nächsten Jahrzehnte beschäftigen. Wald ist nun mal ein Generationenvertrag. Aber es wird höchste Zeit das Thema anzupacken, dass auch unsere Enkel noch Wald erleben und nutzen können. Um es etwas schwarzmalerisch darzustellen ist es eigentlich schon 5 nach 12.

Das Ergebnis einer engen Zusammenarbeit von Waldbesitzer und Jäger – Die nächste Waldgeneration steht parat und kann die Fichtenmonokultur ablösen. Dieser neue Wald wird trotz Klimawandel seine Funktionen voll erfüllen können. Für unser Rehwild ein hervorragender Lebensraum im Spiel von Licht und Schatten.

Hohe Kosten sind zu erwarten

Der Waldumbau wird unsere Waldbesitzer nicht nur praktisch, sondern auch finanziell vor große Herausforderungen stellen. So kostet 1 Hektar Umbau mit Pflanzung ca. 5000 Euro. Wenn diese Fläche noch gegen Wildverbiss eingezäunt werden muss, kommen nochmal knapp 5000 Euro dazu. Demgegenüber stehen sinkende Erlöse durch stark fallende Holzpreise, aufgrund des hohen Anfalls von Holz durch Trockenheit und Schädlingsbefall. Schaffen wir den Umbau dagegen in Kombination mit Naturverjüngung und ohne Zaunbau, können wir die Kosten massiv senken. Dies bringt auch noch viele weitere Vorteile für den Waldbewirtschafter und letztendlich für uns Jäger.

Naturverjüngung ist ein kostengünstiger Beitrag zum Waldumbau – Hier stimmt die Wilddichte

Mitverantwortung für uns Jäger

Und hier kommen wir Jäger ins Spiel. Wir müssen unseren Grundeigentümern unter die Arme greifen und sie bei dem im Waldgesetz verankerten Walderhalt möglichst unterstützen. Dazu haben wir Jäger die Zügel direkt in der Hand und können an den waldbaulichen Verjüngungsbrennpunkten durch eine Schwerpunktbejagung helfend mitwirken. Wenn wir diese Schwerpunkte erkennen und dort hauptsächlich jagen, können wir dann in großen Teilen des Reviers dem Wild die nötige Ruhe schenken. Neben der zielgerichteten Bejagung können auch in der Startphase des Waldumbaus verschiedenste Einzelschutzmaßnahmen zur Zielerreichung beitragen. Vor allem bei den besonders verbissgefährdeteten Baumarten, wie beispielsweise Tanne oder Eiche, oft ein notwendiges Mittel. Letztendlich muss die Kommunikation zwischen Waldbesitzer und Jäger vor Ort funktionieren. Denn nur gemeinsam können Lösungen gefunden werden, da es sicher nicht eine pauschale Lösung für ganz Deutschland gibt. Lohn für diese Bemühungen ist eine hochinteressante Strukturvielfalt für unser Wild. Vor allem für Rehe verbessern sich die Lebensräume deutlich.

Jäger und Waldbesitzer müssen umdenken

Allerdings bedeutet die Jagd in verjüngten Waldbeständen eine große Herausforderung für den Jäger. Eventuell muss die eine oder andere veraltete Lehrmeinung über Bord geworfen werden. Wie der Waldbesitzer, so müssen auch wir Jäger uns weiterentwickeln und uns der veränderten Situation anpassen. Hierbei verlangt keiner von uns, dass wir zum Schädlingsbekämpfer oder Wildausrotter degradiert werden. Wenn wir es schaffen auf breiter Fläche die Forderungen der Jagd- und Waldgesetze konsequent umzusetzen, sind wir dem Ziel schon einen riesigen Schritt näher. Hier können uns Jägern aber auch die Grundeigentümer entgegen kommen und uns für Ihre Kostenersparnis mit einer Senkung der Jagdpachtkosten belohnen.

Gerade im Sommer ist die Jagd auf solchen Verjüngungsflächen nicht einfach- Hier muß der Jäger kreativ und auch offen für neue Jagdstrategien sein.

Was bringt uns der Waldumbau?

Klimataugliche Wälder werden nicht nur in der Zukunft ein wichtiger Rohstofflieferant sein, sondern hoffentlich alle so wichtigen Funktionen für unsere Gesellschaft erfüllen können. Neben sauberer Luft und Trinkwasser bieten Wälder auch Erholung, Lebensraum und vielfältige Schutzfunktionen.

Wald beeinflusst unser Klima positiv

Die wichtigste Funktion ist aber der Einfluss auf unser Klima. Dabei wirken Wälder wie riesige Klimaanlagen. Laubbäume verdunsten an heißen Sommertagen ca. das 5-fache an Wasser gegenüber einer Fichte. Diese Klimaleistung entzieht dem System Energie und senkt die Umgebungstemperatur ab. Dabei produzieren Laubbäume, aber auch die Tanne noch Biomasse in Form von Holz und speichern für lange Zeiträume das klimaschädliche CO2. Die Fichte bleibt hier schon lange im Rohstoffzuwachs zurück und ist aktuell mehr mit dem Überleben und dem Kampf gegen Borkenkäfer beschäftigt. Dazu finden wir unter Mischwäldern biologisch aktivere Böden. Ein vermehrtes Vorkommen von Regenwürmern fördert auch die Aufnahme der kurzzeitigen, starken Niederschläge. Dies bedeutet dann aktiven Hochwasserschutz. Ausserdem  ist Wald auch aktiv an der Entstehung von Regen beteiligt. Die Keimzelle von Regentropfen sind Terpene, die von Bäumen an die Luft abgegeben werden. Das Vorhandensein dieser Stoffe in ausreichender Zahl wird zukünftig auch über die Häufigkeit der Niederschläge mitentscheiden.

Fazit

Dies sind alles Beispiele von Leistungen, die wir Jäger zusammen mit den Waldbesitzern für die Gesellschaft kostenlos erbringen und zeigt das Jagd noch viel mehr umfasst, als nur einen Rehbock zu erlegen. Leider wird das von der Gesellschaft und Politik so noch nicht wahrgenommen. Darum lasst uns gemeinsam und nicht gegeneinander Gutes für den Wald tun und uns vor allem darüber reden. Unsere Nachfahren werden es uns danken und mit vereinten Kräften gelingt es uns vielleicht doch noch die Uhr zurückzudrehen und aus 5 nach 12 ein 5 vor 12 zu machen.

1 Kommentare

Ernst Günther
19. Februar 2020

Ich vermisse in dem Bericht einen Hinweis zur Wilddichte und den Abschusssempfehlung auf 100 ha.
WMH Günther Ernst

Antworten
Jagd1 Redaktion
19. Februar 2020

Sehr geehrter Herr Günther,
vielen Dank für Ihre Rückmeldung. Angaben über Wilddichten und Abschußempfehlungen sind pauschal natürlich immer etwas schwierig, da es sehr viel von der Revierstruktur abhängt und insbesondere Rehwild nicht zählbar ist. Daher ist die Vegetation im Wald, nicht nur die Bäume, sondern auch die krautigen Pflanzen ein guter Wegweiser. Sobald eine artenreiche Verjüngung ohne Schutzmaßnahmen möglich ist, dann passt alles. Sobald dieser Zustand erreicht ist, muss man aber auf hohem Niveau weiter die Jagd ausüben, da Rehwild aufgrund seiner Biologie die verbesserten Lebensumstände 1 zu 1 in Vermehrung umsetzt. Zu der Abschußempfehlung kann man sagen, dass pro 100ha Waldfläche ohne Probleme und nachhaltig 10-15 Stück/Jahr Rehwild möglich sind.
Ich hoffe ich konnte die Thematik etwas konkretisieren.
Viele Grüße und Waidmannsheil
Das Jagd1-Team

Antworten

Hinterlassen Sie eine Antwort

Hinterlassen Sie eine Antwort

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Richtig Blatten – Der Schlüssel zum Rehbock (Teil 3)
Vorheriger Artikel
Richtig Blatten – Der Schlüssel zum Rehbock (Teil 3)
Tarnen und Täuschen auf der Jagd
Nächster Artikel
Tarnen und Täuschen auf der Jagd